Eine besondere griechische Taverne und ihr Rezept für Magie

Develiki. Eine sanfte Brise fährt durch den liebevoll gestalteten Laubwald, unter dessen schattenspendenden Ästen verschiedene Sitzgelegenheiten zum Verweilen einladen. Im Hintergrund das Rauschen des unweit entfernten Meeres, welches ein Gefühl von Gelassenheit und Ruhe vermittelt. (Der Anblick der dem nicht enden wollenden Sandstrand vorgelagerten Insel, lässt einen an die Worte Peter Cornelius‘ denken.) Ein liebevoll gestaltetes Windspiel tanzt an einem Ast hängend im Wind, während sich der leicht salzige Geruch des Meeres wohltuend in unserer Nase ausbreitet.

Wir befinden uns an einem jener magischen Orte, der seine Pforten erst bei genauerer Betrachtung und Hingabe all jenen öffnet, die zu sehen und fühlen bereit. Verschiedenste Gegenstände säumen unser Blickfeld; Lampenschirme aus Hüten, verzierte Spiegel und Bilder, beschriftete Schilder mit Sprüchen die zum Nachdenken anregen und viele weitere Überraschungen für Aug' und Sinne.

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Hauptverantwortlich hierfür zeigt sich Zakis, ein Mitt-Vierzig-jähriger Grieche, der diesen Ort zu dem gestaltet hat, was er heute ist. „Es braucht eine gewisse Zeit bis solche Gegenstände Gestalt annehmen“, erzählt Zakis.

„Oftmals lasse ich ein Stück Holz das ich verarbeiten möchte, mehrere Tage auf meinem Tisch liegen. Dann sitze ich Stunden davor und betrachte es, schau mir seine Struktur sein, höre und fühle seine Geschichte. Stück für Stück kommen dann Ideen und ich beginne mit der Gestaltung und Umsetzung.“

Sich selbst Zeit zu nehmen und zu geben ist ein wesentlicher Bestandteil in Zaki's Leben. „Man kann nichts erzwingen. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich Arzt werde. An jenem Tag, an dem ich mich im 100 Kilometer entfernten Thessaloniki für das Medizinstudium inskribieren sollte, wurde mir klar: Das ist nicht mein Traum, sondern der Traum meines Vaters.“ Zakis entschloss sich Physiotherapie zu studieren. Während er nach dieser mehrjährigen Ausbildung in den jeweiligen Wintermonaten für einige Jahre seinem erlernten Beruf in Thessaloniki nachging, verbrachte er die Frühlings-Sommer-und Herbstmonate in der Taverne Dionisis und verköstigte und verzauberte dort seine Gäste. Seither hat er zwar den Beruf als Physiotherapeut aufgegeben, die Offenheit und Wärme, mit der er seine Gäste an diesem magischen Ort in Empfang nimmt, sich jedoch mehr als bewahrt.

Die auftönende Musik der 60iger Jahre, die plötzlich aus der in den Bäumen versteckten Dolby Surround-Anlage zu hören ist, begleitet den fröhlichen Gesang der ansässigen Vögel.

Zakis lebt hier seit seinem sechsten Lebensjahr, als damals seine Eltern hierher zogen. Sein Großvater kaufte bereits Jahre zuvor dieses schöne Fleckchen Erde, sein Vater baute dann in weiterer Folge Stück für Stück die kleine griechische Taverne, die heute benannt ist nach Zakis‘ Bruder, Dionisis. In der Hochsaison tummeln sich hier sowohl Touristen als auch Einheimische, sie alle schätzen und lieben diesen besonderen Ort. Zu Essen bietet die Küche der griechischen Taverne, in der hauptsächlich Zakis‘ Eltern für den nötigen Schwung sorgen, einiges. Alle Zutaten bestehen aus regionalen Produkten, das meiste stammt aus den Gemüsegärten und Plantagen rund ums Haus. Der Fisch, der den Gästen serviert wird, wird selbst gefangen, in manch seltenen Fällen von den Nachbarn erworben. Auch ein paar einfach gehaltene, gemütliche Appartements die zeitweise vermietet werden, verstecken sich etwas weiter hinter der Taverne.

Bereits im Herbst beginnt Mama Lola mit dem Einlegen verschiedenster Gemüsesorten wie Paprika und Oliven. Zum Teil für den Eigenverbrauch im Winter, der Großteil wird jedoch vorbereitet um in den Sommermonaten für das leibliche Wohl der Gäste zu sorgen.

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Und was hat das ganze mit Fußball zu tun?

Zakis kümmert sich vordergründig um das geistig-seelische Wohl seiner Besucher. Oftmals gelingt ihm dies schon mit seiner großen Anzahl an verschiedenen Fußball-Nationalteamtrikots. An manchen Tagen wechselt er während dem Bedienen der Gäste zwischen 10 verschiedenen Trikots. Auf die Frage wie die ganze Idee entstanden sei meint er, „es begann vor vielen Jahren während der Zeit einer Fußball-Weltmeisterschaft. Damals sprach ich mit einem Freund aus Argentinien, der gerade zu Besuch war, über ein Spiel der Weltmeisterschaft.“, als dieser plötzlich meinte; „Wenn du möchtest, schick ich dir ein Trikot der argentinischen Nationalmannschaft.“ Ein paar Wochen später fand Zakis tatsächlich ein Dress der argentinischen Nationalmannschaft im Postfach. „Das war der Anfang“, erinnert sich Zakis. Mittlerweile hat er Trikots von fast jedem Kontinent, wieviele es genau sind, erscheint ihm als unwichtig.

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Das lustige daran ist, dass Zakis im Grunde rein gar nichts mit Fußball am Hut hat. Er selbst war in jungen Jahren ein begeisterter und in Griechenland durchaus erfolgreicher Kurz- und Mittelstreckenläufer. Auch sein Interesse an Nationalmannschaften und dem Klubfußball hält sich weitestgehend in Grenzen. Dennoch haben die einzelnen Trikots für ihn einen besonderen Stellenwert. „Jedes Trikot erzählt eine Geschichte, eine Begegnung mit einem Menschen. Einige wurden mittlerweile Freunden, so auch du“, lacht er und erinnert sich, als ich im einst ein Dress der österreichischen Nationalmannschaft mitgebracht habe.

„Es geht um das Gefühl und die Emotionen, die jedes einzelne Trikot in sich trägt. Es herrscht eine Art stetige Verbindung zu jenen Menschen, die mir ein Trikot geschenkt haben, zu jener individuellen Geschichte, die mich mit jedem Einzelnen verbindet.“

In weiterer Folge ist es auch eine nette Geschichte für seine Gäste, wenn sie raten können welches Land sich hinter einem Trikot verbirgt, oder in welchem Trikot Zakis wohl als nächstes in Erscheinung treten wird. Eine der wohl bewegendsten Begegnungen die Zakis wiederfahren ist, schildert er wie folgt: „An jenem Tag hatten wir sehr viele Gäste. Eine Frau saß alleine auf einem Tisch und wirkte zunächst etwas bedrückt auf mich. Nach einiger Zeit rief sie mich zu sich. Als ich zu ihr kam, sprang sie auf und umarmte mich“, erinnert sich Zakis fast mit Tränen in den Augen. „Weißt du“, sagte die Frau damals, „du hast mich mit deiner herzlichen und lustigen Art tatsächlich wieder zum Lachen gebracht.“ „Du musst wissen“, fuhr die Frau fort „ich habe Krebs, aber hier und heute fühle ich mich geborgen und lebendig und kann den Augenblick genießen“ sagte sie mit einem Lächeln. Berührt und bewegt von den Worten der Frau, musste Zakis damals innehalten und verschwand für ein paar Minuten hinter der Taverne, um seinen Tränen freien Lauf zu lassen.

„Spät abends, als ich dann im Bett lag, schoss es mir durch den Kopf; Das ist es! Das macht unter anderem unser Leben aus; diese Verbindung mit Anderen, das Mitgefühl am Leben anderer Menschen, das sich gegenseitige Helfen und beiseite stehen.“ Ein liebevoller Umgang und der Zusammenhalt untereinander, spielt auch in Zakis Familie eine sehr bedeutende Rolle: „Ich sehe meinen Vater als die Wurzeln eines Baumes, die den Nährboden unserer Familie darstellen. Er fungiert rund um unsere Taverne, spendet Kraft, meist unsichtbar und im Hintergrund. Meine Mutter symbolisiert den Stamm, der für die Verbindung zwischen den Wurzeln und den Früchten der harten, täglichen Arbeit steht. Und ich?“, lacht er, „ich bin der bunte Vogel, der in den Ästen dieses lebendigen Baumes sein Nest gebaut hat.“

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Am Ende sollte uns bewusst sein, dass wir alle Menschen sind. Und wir alle wünschen uns geliebt und geschätzt zu werden. Den Anfang macht man am besten bei sich selbst. Sobald man sich selbst als Wesen wertschätzt und sich selbst so akzeptiert wie man ist, kann man sich mehr auf sein gegenüber einlassen. Nachdenklich blickt Zakis in die Ferne, nach einem kurzen Moment der Stille fährt er fort:

“Ich habe mir mittlerweile zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag wenn ich abends im Bett liege, mich an all die schönen Dinge zu erinnern, die mir tagsüber widerfahren sind. Auch wenn viele Tage oft sehr stressig, anstrengend und ermüdend sind, so gibt es bei genauem Hinschauen fast immer etwas, das auch freudig oder positiv war. Sei es der atemberaubende, orange-gelbe Sonnenaufgang am Strand, oder das Lachen eines Kindes, welches tagsüber mein Herz berührte.“

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Wir haben nur dieses eine Leben. In diesem sollten wir unsere Träume leben. Jeder Tag, jeder Augenblick birgt den Samen des Neuen, des Aufbruchs, des Wandels in sich. Jeden Tag haben wir die Möglichkeit für uns selbst und andere Gutes zu tun. Besinnen wir uns darauf. Leben wir unsere Träume.